Anfängliche Renovierung entbindet von laufenden Schönheitsreparaturen!
Die Vertragsparteien streiten über die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei anfänglicher Renovierung durch den Mieter. Der Mieter hat die Wohnung in unrenoviertem Zustand übernommen und hierfür eine Vergütung von 200 DM erhalten. Der Vermieter begehrt eine entsprechende Maßnahme des Mieters.
Das LG Berlin hält die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen für nicht wirksam auf den Mieter übertragen. Die formularmäßige Überbürdung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn die Wohnung dem Mieter bei Vertragsbeginn ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird. Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat. Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Um vorvertragliche Abnutzungs- und Gebrauchsspuren zu beseitigen und damit eine "renovierte" Wohnung zu übergeben, muss der Vermieter die Mieträume bei Vertragsbeginn nicht stets komplett frisch renovieren. Im Einzelfall kann die Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bleiben überdies Abnutzungs- und Gebrauchsspuren außer Acht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume bei einer Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalls maßgeblichen Umstände den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln. Dies ist hier nicht der Fall. Nach dem Mietvertrag schuldete der Vermieter keine Arbeiten und übernahm der Mieter die Räume "wie besichtigt". Die Parteien vereinbarten, dass derMieter die Räume selbst in Stand setzt und renovieren lässt. Hierfür erhielt der Mieter eine Vergütung von 200 DM. Danach liegen die vorstehenden Anforderungen an eine "renovierte" Wohnung nicht vor. Diese setzen voraus, dass grundsätzlich keine Arbeiten erforderlich und allenfalls nicht ins Gewicht fallende Gebrauchsspuren vorhanden sind. Wenn die Parteien indes ausdrücklich vereinbaren, dass der Mieter die Instandsetzungen und Renovierungen bei Vertragsbeginn vornimmt, folgt daraus, dass solche Arbeiten auch notwendig waren. Dies steht der Annahme eines Gesamteindrucks einer renovierten Wohnung entgegen. Entgegen der Ansicht des Vermieters ist dem Mieter kein angemessener Ausgleich gewährt worden. DieZahlung von 200 DM kann nicht als angemessen angesehen werden, eine Vereinbarung einer geringeren Miete ist nicht ersichtlich.
LG Berlin, Urteil vom 09.02.2016 - 63 S 216/14